Dialekte In Uruguay
Enviado por rengi91 • 4 de Mayo de 2013 • 3.640 Palabras (15 Páginas) • 280 Visitas
1 Einleitung
Wächst man in einer dialektal geprägten Region wie der bayerischen Operpfalz auf, so kommt man schon im frühsten Kindesalter, spätestens in den ersten Jahren der Grundschule damit in Berührung, dass die in Freundeskreis und Familie zumeist gesprochene Mundart, das Bayerische, von den Lehrern korrigiert wird. Man soll die in der in der Bundesrepublik Deutschland offiziell anerkannten Landessprache Hochdeutsch sprechen und schließlich auch schreiben. Ausweichversuche werden im Laufe der Schullaufbahn immer strenger verbessert und in die „richtige“ Form gebracht. Das bayerische Kind lernt, dass seine im Alltag gesprochene Mundart in der Schule unerwünscht ist, wenig Ansehen hat. Diese Erfahrung zieht sich auch durch den späteren Bildungsweg bis hin zum Leben im Arbeitsalltag. Das Hochdeutsche ist die im öffentlichen Leben einzig wirklich uneingeschränkt anerkannte Varietät der deutschen Sprache, sie hat als Standard hohen Prestigewert.
Nur allzu logisch wäre es, wenn die Kinder und Jugendlichen unter diesem Eindruck, dem sozialen Druck der ständigen Präsenz der Standardsprache, im Laufe der Zeit den bayerischen Dialekt ablegen würden. Es gibt auch Menschen, die zumindest versuchen, im Kontakt mit anderen auf das Bayrische komplett zu verzichten. Und dennoch sind kaum Orte in der Oberpfalz zu finden, in denen nicht in vielen Familien, während Freizeitbeschäftigungen oder auch allgemein im Freundeskreis der Gebrauch des Bayerischen allgegenwärtig ist, der Dialekt stirbt trotz der Präsenz der Standardsprache Hochdeutsch nicht aus. Dieses Phänomen gibt es in ähnlicher Form in vielen Sprachen auf der ganzen Welt.
Wie ist es möglich, dass in Bayern und an vielen Orten auf der Erde auf der einen Seite Menschen versuchen, sich des eigentlichen Dialekts zu entledigen, auf der anderen Seite aber ebensolche Beispiele, die ihre Mundart zumindest im Privaten in aller Vollständigkeit behaupten. Es muss Faktoren, eine Art der Wertschätzung der Sprechergruppen sowohl gegenüber einer Standardsprache, als auch gegenüber von regionalen Mundarten geben. Dieser Einfluss auf Sprecher wird in der Soziolinguistik als Prestige einer Sprache bezeichnet (vgl. Davies 2007:2; Chambers 2009: 234-235).
In der vorliegenden Arbeit werde ich diesen Themenbereich anhand von zwei Beispielen veranschaulichen. Um die bereits angedeutete Verbreitung der Thematik auf der ganzen Welt zu unterstreichen, habe ich zwei Entwicklungen aus völlig unterschiedlichen Sprachregionen gewählt: dem fronterizo-Dialekt im Norden Uruguays und einer Sonderform des chinesischen Wu-Dialekts, der shanghaihua in Shanghai.
Um den Rahmen der Arbeit dabei nicht zu sprengen, werde ich die Beschreibung der Varietäten nur kurz anschneiden. Als wichtiger erachte ich es, die sozialen, historischen und kulturellen Faktoren zu beleuchten, die zu den dargelegten Sprachentwicklungen in diesen Regionen führen und den Prestigeeinfluss erklären.
In meiner Arbeit werde ich zunächst einige Grundbegriffe erklären, die für das Verständnis des Themas unverzichtbar sind. Daraufhin werde ich den fronterizo in Uruguay in seiner Entwicklung und die darauf einwirkenden Faktoren beschreiben. Selbiges soll in ähnlicher Form dann mit der shanghaihua geschehen, um zu einem abschließenden Fazit zu kommen.
Bei der Bearbeitung der Fragestellung habe ich als Grundlage zur Soziolinguistik vor allem die Werke „Sociolinguistic Theory“ von J.K. Chambers und „Authority in language“ von Milroy und Milroy verwendet, die auch das Thema Prestige und Sprache behandeln. Zur Entwicklung des fronterizo hat Ana Maria Carvalho einige sehr überzeugende Studien entwickelt, Robert Angus hat ähnliches in Shanghai bearbeitet. Beide legen dar, wie die Ortsdialekte von Prestige beeinflusst werden.
2 Prestige und Sprache
In einem Sprachgebiet, in dem sowohl ein Dialekt, als auch eine Standardsprache nebeneinander existieren, besitzt die Standardvariante zumeist den prestigeträchtigeren Status gegenüber dem Dialekt. Als Standardvarietät eines Landes wird gemeinhin eine Sprache verstanden, die von den meisten Menschen eines Landes überregional verstanden wird und als in formellen Situationen angemessen ausgelegt ist (vgl. Davies/Langer 2006: 151). Diese Standardsprache wird in öffentlichen Situationen, wie Unterrichtsgesprächen oder in der Arbeitswelt, aber auch in Medien wie Hörfunk und Fernsehen zu einem großen Teil verwendet. Durch den natürlichen Einsatz dieser Varietät in solchen Situationen als prestigeträchtig wahrgenommen und anerkannt (vgl. Davies 2007: 2). Milroy und Milroy vergleichen diese Präsenz des Standards in der Öffentlichkeit sehr treffend mit der Vorgabe von guten Tischmanieren, die auch allseits bekannt sind und als Teil des guten Benehmens zumindest in der Öffentlichkeit strikt eingehalten werden sollen (vgl. Milroy/Milroy 1985: 1). Neben dieser offensichtlichen Einwirkung der Standardisierung einer Sprache auf den Sprecher, was in der Soziolinguistik als overt prestige bezeichnet wird, muss es allerdings noch eine weitere Prestige-Komponente geben, die bewirkt, dass auch Nicht-Standardvarietäten innerhalb einer Bevölkerungsgruppe akzeptiert und angewendet werden(vgl. Chambers 2009: 234-236). Diese Form des Prestige wird covert prestige genannt. Menschen in einer Region fühlen sich durch die Unterhaltung in einer speziellen Mundart gegenseitig näher und familiärer, was bewirkt, dass ihnen der Regiolekt bei der Verwendung angenehm vorkommt. Davies beschreibt das covert prestige als Ausdrucksform von Solidarität zu den Mitmenschen der gleichen Region und Loyalität zum Ort (vgl. Davies 2007: 2).
Im eingangs erwähnten Beispiel der Bayerischsprecher in der Oberpfalz ist das Hochdeutsche durch das overt prestige einer Standardsprache in Bildung, Medien und Geschäftswelt also fest anerkannt, die Sprecher benutzen jedoch in einem Akt der
(un-)bewussten Solidarität zu ihrem Wohnort und den Mitmenschen das Bayerische weiter, auch weil es ihnen vertrauter als der Standard erscheint.
Den Einfluss von Prestige auf Sprache muss man stets im historischen, kulturellen und sozialen Kontext sehen (vgl. Chambers 2009, S. 235), was die folgenden Beispiele des fronterizo und der shanghaihua zeigen sollen.
3 Die Entwicklung des fronterizo
3.1 Historischer Hintergrund: Sprache in Uruguay
Das Land Uruguay liegt zwischen den großen Flächenstaaten Argentinien und Brasilien am Río de la Plata. Seine Geschichte ist stark von dem Kampt um Einflusssphären seiner beiden Nachbarn bestimmt . So wurde die „Republik östlich des Uruguay auch erst nach einem argentninisch-braslianischen Krieg Anfang des 19. Jahrhunderts als unabhängiger Pufferstaat zwischen den beiden Ländern gegründet, um die Streitigkeiten um das Gebiet endlich zu beenden.
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